Was ist Kirchenasyl - hat Kirche ein eigenes Asylrecht?

Sandra Ruge-Tolksdorf beim Gottesdienst mit Flüchtlingen. Im Hintergrund ein Werk vom Syrischen Künstler Kamal Soumaja(mehr Bilder).
Sandra Ruge-Tolksdorf beim Gottesdienst mit Flüchtlingen. Im Hintergrund ein Werk vom Syrischen Künstler Kamal Soumaja(mehr Bilder).

Was ist Kirchenasyl ? Es kommt gelegentlich vor, dass Leute sagen: „Mein Asyl wurde abgelehnt, kann ich jetzt Kirchenasyl haben.“ Bei dieser Aussage schwingt die Vorstellung mit, dass Kirche ein eigenes Asylrecht hat. Dass Kirche bestimmen kann, ob Leute hier bleiben oder nicht. Manche sagen auch: „Kirchenasyl gibt es gar nicht, denn Kirche hat kein eigenes Asylrecht.“  

 

Bei ausreichend Interesse an diesem Thema organisieren wir einen Info Abend mit Sandra Ruge-Tolksdorf.

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Asyl in der Kirche   Von Jörg Lotze
Heide - Der Fall ging Ende August durch die Medien: Die Ausländerbehörde in Münster hatte von der Polizei einen Flüchtling aus Ghana mit Gewalt aus einem Kapuzinerkloster holen und festnehmen lassen. Dabei sollte er im so genannten Kirchenasyl eigentlich sicher und geschützt sein.
Münsters katholischer Bischof Felix Genn reagierte mit absolutem Unverständnis. „Der Mann wurde mit Handschellen abgeführt. Ich bin schockiert von dieser Härte und Brutalität“, sagte er. Zumal die Kirche das Verfahren zuvor mit der Ausländerbehörde besprochen habe.
Kirchenasyl bedeutet heutzutage die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen in einer Kirchengemeinde. „Es soll Menschen vor einer Abschiebung schützen, wenn diese eine Gefahr für deren Leib und Leben oder unzumutbare Härten bedeutet. Während die Betroffenen eine gewisse Zeit im kirchlichen Raum untergebracht sind, kann eine Wiederaufnahme oder die erneute Prüfung des asyl- oder ausländerrechtlichen Verfahrens durch die staatlichen Behörden ablaufen, bevor es zu einer Abschiebung kommt“, sagt Sandra Ruge-Tolksdorf.
Die Dithmarscher Flüchtlingspastorin betont, dass das Instrument Kirchenasyl in unserem Kreis eher selten in Anspruch genommen wird. „In den vergangenen sechs Jahren gab es gerade einmal zwei Fälle.“ Dass es nicht mehr waren, liege vor allem an zwei Gründen, so die Pastorin. „Kirchenasyl sollte immer das letzte Mittel sein, wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind und darüber hinaus Leib und Leben durch die Abschiebung bedroht sind. In Dithmarschen besteht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen Gremien und den Behörden. Die Mitarbeiter des Diakonischen Werkes erkennen Härtefälle schon früh und beraten zeitnah“, so Ruge-Tolksdorf.
Bevor ein Kirchengemeindekirchenrat jedoch ein Kirchenasyl beschließt, prüfen dessen Mitglieder den konkreten Fall genau, stimmen ihn mit dem Kirchenkreis ab. „So etwas wird nicht leichtfertig gemacht“, betont die Flüchtlingspastorin. Immerhin sei Kirchenasyl eine Herausforderung in einer Ausnahmesituation, nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für jede Kirchengemeinde. „So darf der Schutzsuchende seine Unterkunft beispielsweise nicht verlassen. Da er dann keinen Anspruch auf staatliche Leistungen hat, wird von Kirchenmitarbeitern betreut und versorgt. „Das kann - je nach Fall - Wochen und Monate dauern und ist für alle Beteiligten eine hohe Belastung.
Trotzdem sei das Kirchenasyl ein hohes Gut, das immer zeitlich begrenzt ist und keinesfalls den Rechtsstaat aushebeln will“, so Ruge-Tolksdorf. „Kirchenasyl tritt vielmehr für den Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte ein. In begründeten Einzelfällen ermöglicht es, eine erneute Tatsachenbewertung zu erwirken.“ Jedes Kirchenasyl wird dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Behörden des Kreises gemeldet. Ruge-Tolksdorf: „Es ist ein Sonderweg, auf den sich Staat und Kirche geeinigt haben.“
Im Fall Münster hatte das dortige Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung übrigens festgelegt, dass der festgenommene Ghanaer doch nicht nach Ungarn abgeschoben werden darf. Sein Fall soll neu geprüft werden, hieß es.

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