Massenweise Asylklagen

Kiel (kim) Robert Habeck macht schon lange Druck. Dass syrischen Asylbewerbern der Flüchtlingsstatus verwehrt und damit auch der Familiennachzug um Jahre hinausgezögert wird, sei ein Missstand, der schleunigst behoben werden muss, betonte der Grüne kürzlich beim Schaulaufen um die Spitzenkandidatur der Ökopartei bei der Bundestagswahl.
Auch die SPD im Norden sieht das so. Und die Gerichte geben syrischen Flüchtlingen in 90 Prozent der Fälle recht, wenn sie sich dagegen wehren, dass ihnen nur subsidiärer Schutz zugesprochen wurde statt des Flüchtlingsstatus. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 haben bundesweit mehr als 17 000 Menschen Klage gegen ihren Flüchtlingsstatus eingereicht, unter ihnen 15 000 Syrer. Fast 6000 sind es allein im August gewesen. Im Norden gehen die Verwaltungsgerichte ebenfalls in die Knie angesichts des Ansturms der Klagewilligen. Im gesamten ersten Halbjahr 2016 meldete das Schleswiger Verwaltungsgericht 260 Klagen von Syrern. Im August schnellte die Zahl der Neueingänge dann auf 209 hoch und im September gingen 334 neue Klagen von Syrern ein, die ihre Familien nachholen wollen.


Doch was bedeutet der Familiennachzug für die Kommunen in Schleswig-Holstein? Mit wie vielen nachgeholten Familienangehörigen pro anerkanntem Asylbewerber müssen sie rechnen? Die Antwort auf diese Frage ist von Bedeutung für die Planung der Schulämter, auch der Gesundheitsbereich muss sich auf die neue Nachfrage einrichten und die Immobilienbranche auf Familien, die größere Wohnungen brauchen.
Doch das Kieler Innenministerium tappt offenbar im Dunkeln. Nicht einmal die Frage wird beantwortet, wie viele Familienangehörige von Syrern, die bis Anfang 2016 fast durchweg den Flüchtlingsstatus zugesprochen bekamen, bereits in diesem Jahr hierzulande angekommen sind.
Während andere Bundesländer wie zum Beispiel das Saarland wissen, wie viele Visumanträge in der deutschen Botschaft schon von Syrern gestellt wurden, die sich derzeit im Saarland aufhalten, gibt es in Kiel auf entsprechende Anfragen nur Schulterzucken.
Nur so viel sei aus dem Ausländerzentralregister bekannt: Zum Stichtag 1. September 2016 befanden sich 1500 Syrer im Rahmen des Familiennachzuges in Schleswig-Holstein, davon gut 500 Frauen und gut 900 Kinder. Wann diese Menschen nach Schleswig-Holstein gekommen sind, ist dem Ministerium angeblich nicht bekannt. Eine Vergleichsstatistik zum Stichtag 1. September 2015 wollte oder konnte die Behörde nicht liefern.
Das Auswärtige Amt in Berlin geht derzeit davon aus, dass pro Flüchtling 0,9 Personen nachziehen, also deutlich weniger als noch Anfang dieses Jahres vermutet. Jedenfalls ist das kein Grund zu Panikmache und Hysterie in Sachen Nachzug, erklärt der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer. Zumal sich der Nachzug im Zweifel über viele Jahre hinstrecken könnte.

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